Aktuell Interview

Professionelle Qualität: Speichermedien aus Österreich

Angelbird produziert Speicherkarten von höchster Qualität, wie beispielsweise Angelbird-die CFexpress MK2 Type B, die eine Speicherkapazität bis zu 4 Terabyte bieten.. (c) Angelbird

Angelbird produziert Speicherkarten von höchster Qualität, wie beispielsweise Angelbird-die CFexpress MK2 Type B, die eine Speicherkapazität bis zu 4 Terabyte bieten.. (c) Angelbird

Wie sehr macht Ihnen die unterbrochene Lieferkette, die Chip-Knappheit und dergleichen Sorgen?

Roman Rabitsch: Wir sind sowohl Entwickler als auch Hersteller und führen eine eigene Fertigung. Davon gibt es weltweit nur drei Anbieter, nämlich SanDisk, Lexar und eben Angelbird.

Wir haben hier in Vorarlberg einen örtlichen auf industrielle Fertigung hochspezialisierten Auftragsfertiger. Ungefähr 90 Prozent unserer Produkte sind in Österreich hergestellt. Eine Ausnahme bei den Speichermedien sind die SD-Karten, die in Taiwan gefertigt werden. Bei den SD-Karten gibt es nur zwei große Auftragsfertiger weltweit, einen in Taiwan und einen in Südkorea. Dort fertigen auch alle anderen Anbieter von SD-Karten, wie z.B. SanDisk, Sony, usw. Komponententechnisch sind wir sehr gut aufgestellt und gut vernetzt. Auch die USB-Kabel fertigen wir nicht in Europa, weil wir dafür keine Lizenz haben. Wir sourcen auch Komponente für andere Projekte unserer Auftragsfertiger. Bis in das Jahr 2025 oder 2026 haben wir keine Verfügbarkeitsprobleme.

Die Logistik macht uns mehr Probleme. Die Kosten steigen aufgrund der Verknappung von Treibstoff, sowie auch von Flug- und Bahnverbindungen. Der Ukraine-Krieg hat große Auswirkungen auf die Lieferkette und minimiert das Volumen, das aus Asien insbesondere auf der Schiene geliefert werden kann. Das widerspiegelt sich dann natürlich im Preis und in einem eventuellen Lieferverzug.

Roman Rabitsch, Gründer und Geschäftsführer
von Angelbird: „Grundsätzlich nehmen wir uns die Zeit
für Kundenanfragen. Im Falle eines Datenverlustes, bieten
wir einen kostenlosen Datenwiederherstellungsservice.
Foto: Angelbird

Für die Produktion von SD-Karten sind Lizenzabgaben fällig. Bei CFast- oder bei CFexpress-Karten ist die Lizenz kein Problem? 

Nein, da gibt es keine Lizenzabgaben – CFexpress, alle Typen Typ A, B, C wie auch die CFast-Karten sind von der CFast- oder CFexpress Association ohne Lizenzgebühren freigegeben. Bei den SD-Karten hält SanDisk die Patente und jeder Hersteller muss eine Lizenzgebühr pro Karte an SanDisk zahlen. 

Angelbird setzt stark auf CFexpress Typ B. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung? 

Typ B ist der am stärksten verbreitete CFexpress-Formfaktor. Er ist physikalisch groß und bietet hohe Kapazitäten. Wir liefern bereits 4-TB-Karten aus. Die Herstellung ist auch relativ kosteneffizient, weil kein SiP – System in Package – benötigt wird. Der Typ A muss ein SIP haben, das sehr kompliziert und komplex zu fertigen ist. Die produzierten Stückzahlen sind gering, dementsprechend treibt dies den Preis hinauf.

Canon, Fujifilm oder Panasonic setzen in ihren Kameras bereits auf den Typ B-Formfaktor. Typ C ist eine Randerscheinung. Er ist fast dreimal so groß wie eine Typ B-Karte und wird nur in professionelle Kameras einfließen. Er ist nicht für den Massenmarkt gedacht, sondern wird in hochprofessionellen Kameras, wie ARRI, RED oder Sony VENICE verwendet. 

SD-Karte, CFast, CFexpress – wird sich dieser Markt weiter fragmentieren oder wird die SD-Karte einmal abgelöst werden? 

Die SD-Karte wurde mit der SD 7.1-Spezifikation weiterentwickelt. Das Problem dabei ist: es ist wieder eine SanDisk-Entwicklung und obgleich sie offiziell seit über zwei Jahren am Markt ist, hat sie sich nicht durchgesetzt. Es ist wieder eine Lizenzgebühr zu entrichten und das will natürlich kein Hersteller. Zudem ist die Karte speichertechnisch limitiert und wird aufgrund des kleinen Formfaktors brennend heiß. Es spricht alles dagegen. Wir investieren nicht in dieses System, sondern in CFexpress Typ B und C und auch Typ A – dazu wird bald etwas kommen.

Wie sieht es denn bei den Speicherkapazitäten aus? Wie groß kann es werden?  

Bei den SD-Karten haben wir bereits die 32-GB-Karte eingestellt. 32 GB in einer Drohne oder in einer Kompaktkamera machen zwar absolut Sinn, aber für uns ist es nicht mehr relevant. Gegenwärtig ist 64 GB die kleinste Kapazität unserer SD-Karten und wird voraussichtlich nächstes Jahr eingestellt. 128 GB war bis dato der Sweet Spot. Das geht jetzt in Richtung 256 GB.

Wir haben diesen Sommer die neuen SD-Karten mit V90 512 GB und V60 bis 1 TB herausgebracht. Höhere Speicherkapazitäten sind gefragt, weil die Kameras mittlerweile hochauflösende Videos mit hohen Bildraten ermöglichen. Auch die höhere Bittiefe macht die Dateien größer. Für diese höheren Datenmengen benötigt man die Kapazität. Neben der höheren Kapazität muss die Karte auch schneller sein. Niedrige Kapazitäten werden gegenwärtig durch eine 64 GB-Karte ersetzt. Also die Speicherdichte wird stetig höher. Damit steigt nicht so sehr die Anzahl der Bilder, die ich speichern kann, sondern die Qualität der gespeicherten Bilder.

Speicher, Zuverlässigkeit, Schnelligkeit, Kompatibilität – was ist wichtiger? Gibt es hier Unterschiede in den verschiedenen Märkten, wie Musik, Foto und Video?  

Angelbird hat seine Stärke im Video- und Fotobereich und da wiederum im hochprofessionellen Segment mit CFexpress oder CFast. Im semiprofessionellen Bereich setzen wir auf SD-Karten. Aber die Canon C70 ist, soviel ich weiß, mittlerweile auch Netflix zertifiziert, das heißt: auch mit SD-Karten könnte ich Netflix-Produktionen drehen. Im Audiobereich sind eher mobile 2,5-Zoll-Lösungen gefragt und im Videobereich höhere Kapazitäten mit CFexpress und CFast. Dazwischen rangieren die SD-Karten.

Sehen Sie die Gefahr (oder die Chance), dass irgendwann die Cloud den Kartenspeicher ablöst? Dass also Kameras nur eine Internetverbindung besitzen und keine lokale Speicherkarte mehr benötigen? 

Also das ist ja schon da. Jeder besitzt ein Smartphone, da werden die (Bild-)Daten lokal zwischengespeichert und später in die Cloud geladen. Es kommt darauf an, in welchem Bereich man tätig ist: der semiprofessionelle oder Einsteigerkamerabereich ist durch das Smartphone schon komplett weggebrochen. Im Highend- oder Profimarkt geht es darum, die Daten umgehend zu verarbeiten und abzuspeichern. Das erfordert eine hohe Geschwindigkeit, die keine Internetverbindung der Welt zur Verfügung stellt. Beim Übertragen von Dateien besteht ein Riesenunterschied zwischen dem lokalen Speicher und der Cloud. Zudem wird die Latenz übersehen. Man muss immer synchronisieren und prüfen, ob die Daten wirklich abgespeichert und da sind. Dies erfordert eine Latenz von Null oder wenigen Mikro-Sekunden. Über die Internetverbindung ist das nicht möglich.

5G ist ein schönes Marketingwort, aber es genügt einfach nicht für das Speichern in eine Cloud. Meine Internetverbindung im Büro über das Smartphone ist sehr schwach (ein Strich). Das ist zu wenig, auch mit 5G. Das wird im Kameramarkt nicht Fuß fassen. Was jedoch möglich ist, dass ich ein Proxy uploade, z.B. mit Blackmagicdesign Cloud oder Adobe Frame.io. Da ist es egal, ob die Datei in zwei Stunden oder übermorgen hochgeladen ist. Man sitzt etwa in Los Angeles und der Rohschnitt wird beispielsweise in New York gemacht, wo jemand schon vorarbeiten kann. Für alles andere benötigt man immer den lokalen Speicher. 

Stichwort OEM: Produzieren sie auch für andere Hersteller?

Ja, wir produzieren speziell entwickelte und gefertigte Speicherlösungen für ARRI und RED. Angelbird verkauft diese Produkte nicht, bewirbt sie jedoch. ARRI und RED kommunizieren diese Produkte als ihre Eigenen – hergestellt und entwickelt werden sie jedoch von Angelbird, was auch offiziell bekannt ist. Wir haben noch andere OEM-Produkte, aber da kann ich die Namen nicht nennen. 

Wie sieht es mit der Zusammenarbeit für gewisse Kamerahersteller aus? Gibt es Neuigkeiten in Sachen Match Packs? 

Wir werden künftig ein neues Match Pack Konzept anbieten, und zwar eine technologiespezifische Auswahl an zwei Speicherkarten für eine Kameramarke.Bisher haben wir die Produkte eines Match Packs spezifisch auf ein Kameramodell hin gestaltet. Das wird auslaufen. Der Grund war ein komplett diffuses Marktbild, keiner der Kamerahersteller hat sich an irgendwelche Standards gehalten. Da ist es natürlich schwer, für jede Kamera ein eigenes Match Pack anzubieten. Mittlerweile hat sich das Thema der verschiedenen Implementierungen ein wenig beruhigt und somit konnte die Kompatibilität unserer Speichermedien erweitert werden. So können wir nun eine Auswahl an Speicherlösungen für eine Kamera anbieten – zwei gleiche Karten aus der selben Produktion, bei denen die Hardware und Software ident sind. Damit sind Zwei-Slot-Betrieb, Backup Relay und dergleichen ohne Probleme verwendbar. Werden zwei unterschiedliche Karten verwendet (unterschiedliche Kapazität, unterschiedliche Hardware oder Software oder ein anderer Kartenhersteller), könnte das große Probleme verursachen. Das sieht der Endverbraucher nicht, denn er glaubt, Speicher ist Speicher und das Zusammenspiel funktioniert. Aber das tut es nicht. Hier setzen wir mit unseren Match Packs an. Und die Kunden haben den Vorteil, dass sie zwei Karten ein bisschen günstiger erhalten, als wenn sie diese einzeln kaufen würden.

Mit wie vielen Hersteller kooperieren Sie da? 

So gut wie mit allen. Wir arbeiten mit Fujifilm, Sony, Panasonic, Canon, und mit der neuen OM-1 auch mit Olympus/OM Solutions. Nur Hasselblad, Phase One und Blackmagic sind nicht dabei. Wir bieten Match Packs für 80 Prozent der Hersteller.

lhr Angebot zeichnet sich vor allem auch durch einen hohen Service aus. Wie sieht das konkret aus? Wie oft aktualisieren Sie die Firmware? 

Registrieren die Kunden ihr Produkt über unsere Webseite, erhalten sie eine zusätzliche Herstellergarantie von drei Jahren. Diese ist Teil unseres Serviceangebotes. Grundsätzlich nehmen wir uns die Zeit für Kundenanfragen. Es ist für uns wichtig, dass wir individuell auf den Kunden eingehen und bei Fragen und Problemen für sie da sind. Im Falle eines Datenverlustes, bieten wir einen kostenlosen Datenwiederherstellungsservice. Bei der Datenrettung haben wir mittlerweile eine Erfolgsrate von 93 Prozent. Ein Datenverlust wird zumeist durch die Kameras und über die Computersysteme Windows und macOS verursacht. Solche Fälle können wir sehr gut und einfach lösen. Ist die Karte verbogen oder gebrochen, so ist auch hier eine Datenrettung möglich. Die entsprechenden Techniker und die nötige Technologie haben wir im Haus.

Die Firmware der Produkte wird bei uns laufend aktualisiert. Mithilfe von umfangreichen Kameratests achten wir darauf, dass wir so kompatibel wie möglich sind. Wir bieten Firmware-Updates und sind die Einzigen weltweit, die so die Speicherkarte up-to-date halten können – und zwar kostenlos. Wichtig ist dabei, dass die Kunden nicht nur die Karte, sondern auch das richtige Kartenlesegerät verfügbar haben. Wenn man irgendein Kartenlesegerät von einem Dritthersteller verwendet, kann das zu Problemen führen.