Aktuell Wettbewerbe

Das UNICEF Foto des Jahres 2023 stammt von Patryk Jaracz

Das UNICEF Foto des Jahres (c) UNICEF / Patryk Jaracz, Polen

Das UNICEF Foto des Jahres (c) UNICEF / Patryk Jaracz, Polen

Ein weiteres Bild aus der Fotoserie über Kinder im Krieg in der Ukraine: Kinder mit Panikattacken bei jedem Flugzeuggeräusch. Die Tiefenwirkung der Kriegserfahrungen von Millionen ukrainischen Kindern zu erfassen, ist noch schwer möglich. Zumal das Ende von Bombardements, Flucht und Verletzung nicht abzusehen ist. Es breche ihm das Herz, sagt Jaracz, Menschen derart leiden zu sehen. (c) Patryk Jaracz

Das UNICEF Foto des Jahres zeigt einen Moment der Unbeschwertheit unter den schwarzen Wolken des Krieges, auf einer Wiese im Nordwesten der Ukraine. Begleitet von Freundinnen übt die fünfjährige Alina das Fahrradfahren. In der Nacht zuvor hat eine Drohne ein Öllager in Brand gesetzt. Das Bild stammt vom polnischen Fotografen und Dokumentarfilmer Patryk Jaracz, der seit Beginn des Krieges in der Ukraine die Geschehnisse vor Ort dokumentiert.

 
Patryk Jaracz (Polen), Jahrgang 1990, hat in London und Toronto als Kreativ-Direktor und Designer gearbeitet, bevor er sich für Reportage-Fotografie und Dokumentar-Film entschied. 2020 verfolgte er die Proteste gegen den weißrussischen Diktator Lukaschenko in Minsk, wurde inhaftiert und misshandelt. Seit Anfang 2022 lebt Jaracz in Kiew, berichtet für Printmedien und TV-Anstalten in Deutschland und anderen europäischen Ländern ausschließlich über den Krieg in der Ukraine. Sie ist für ihn ein Ort, an dem „nicht nur über die Zukunft dieses einen Landes entschieden wird“. (c) UNICEF

Im Pressetext der UNICEF zum Bild heißt es weiter: „Beim Siegerbild wurde bloß ein Öllager, kein Wohnhaus, kein Krankenhaus, keine Schule von einer Drohne getroffen. Nicht an jedem Tag und an jedem Ort seit dem Februar 2022 ist der Krieg in der großen Ukraine derart präsent, dass er das Licht der ukrainischen Kinder restlos auslöschen könnte. Der polnische Fotograf Patryk Jaracz zeigt das in diesem Bild. Doch zugleich thematisiert er in seiner Reportage die Verletzungen der kindlichen Psyche und an den Körpern ukrainischer Kinder. 

Insbesondere im Osten und Süden der Ukraine geraten Kinder und Jugendliche immer wieder ins Kreuzfeuer der Angriffe. Ihre Häuser werden zerstört, sie werden Zeug*innen unbeschreiblicher Gewalt, müssen auf der Suche nach Sicherheit ihr Zuhause von jetzt auf gleich verlassen und verlieren Eltern, Angehörige oder Freunde. Der einsetzende Kriegswinter verschärft die Not der Kinder. Rund vier Millionen Menschen sind innerhalb der Ukraine vertrieben. Mehr als sieben Millionen Kinder in der Ukraine benötigen humanitäre Hilfe. Vielerorts ist der Präsenzunterricht aufgrund der Angriffe nicht möglich.“

Der zweite Preis: In den Löchern von Chinarak

Ein Bild aus der Fotoserie von Oliver Weiken, mit dem dieser den zweiten Platz errungen hat: Ein Junge, der als Bergarbeiter arbeitet, steht vor einer provisorisch anmutenden Kohlemine in Chinarak in der afghanischen Provinz Baghlan. Hunderte von Bergleuten, von Männern über 60 bis hin zu Jungen im Alter von zehn Jahren, arbeiten täglich in den Minen von Chinarak, die sich mehrere hundert Meter in den Berg bohren, für einen Tageslohn von nur wenigen Euro. Die Arbeit ist nicht nur gefährlich, sondern auch potenziell tödlich, denn einstürzende Minenschächte sind an der Tagesordnung. (c) Oliver Weiken, Deutschland, dpa (Deutsche Presse-Agentur)

Den zweiten Preis erhält der deutsche Fotograf Oliver Weiken für seine Reportage über Kinderarbeit. Sein Werk begleitet Jungen in Afghanistan, die hundert Meter und mehr in die Berge von Chinarak hineinkriechen, um Kohle aus dem Gebirge nördlich von Kabul zu fördern. 

Oliver Weiken (Deutschland), Jahrgang 1983, hat noch während seines Studiums die Fotografie für sich entdeckt und zunächst für eine Lokalzeitung und eine Agentur für Sportfotografie gearbeitet. 2003 wechselte er zur dpa (Deutsche Presse-Agentur), später zur European Pressphoto Agency, für die er elf Jahre in Europa, Asien und dem Mittleren Osten unterwegs war. 2017 kehrte er als Leiter des Internationalen Bilderdienstes und Cheffotograf für den Mittleren Osten zur dpa zurück. Weikens Foto-Reportagen sind in vielen führenden Zeitungen Europas und der USA erschienen. (c) Foto: Omar Zoheiry

Dazu der Pressetext: „Helme, Handschuhe, Schutzbrillen haben sie nicht, wenn sie hundert Meter und mehr in die Berge von Chinarak in Afghanistan hineinkriechen. Messgeräte für giftige Gase gibt es nicht. Die Stützbalken in den Stollen sind provisorisch, die Luft ist stickig, der Boden tückisch. Und manche der Jungen, die für umgerechnet ein paar Euro am Tag Kohle aus dem Gebirge nördlich von Kabul fördern, sind gerade einmal zehn Jahre alt.

Kinderarbeit hat es in Afghanistan immer gegeben, doch seit dem Sieg der Taliban, seit dem Rückgang internationaler Hilfe, seit auch noch Missernten und Dürren über die Menschen gekommen sind, sehen sich immer mehr Familien gezwungen, schon ihre minderjährigen Söhne für das tägliche Brot schuften zu lassen. Die Kinderrechte sind in kaum einem anderen Land der Welt so fern von ihrer Verwirklichung. Mit seiner Reportage von den Jungen aus Chinarak belegt der deutsche Fotograf Oliver Weiken diesen Umstand auf eine eindrucksvolle Weise. Zugleich zeigt er die Stärke und Widerstandskraft der Kinder, die sie notgedrungen aufbringen müssen.“ 

Der dritte Preis: Die Kinder aus dem großen kalten Wald

Galina Lazareva konvertierte Anfang der 1990er Jahre zum Christentum bei der Baptistenkirche, nachdem sich ihr Sohn in ihrem Haus erhängte und ihr Mann und ihre Tochter starben. Seitdem hat sie sich von der Evenke-Kultur losgesagt und findet ihre Ruhe im Gebet.
(c) Natalya Saprunova, Russland/Frankreich (Agentur Zeppelin)

Natalya Saprunova (Russland/Frankreich), 1986 in Murmansk geboren, hat ein Studium mit dem Ziel begonnen, Französisch-Lehrerin zu werden, aber bereits in dieser Zeit für eine Murmansker Zeitung fotografiert. 2008 zog sie nach Paris, arbeitete dort in der Marketing-Branche und erhielt die französische Staatsbürgerschaft. 2016 wechselte sie endgültig zur Fotografie, studierte an der Ecole des Métiers de l’Information und unterrichtet inzwischen auch Fotografie. Saprunova hat zahlreiche Preise gewonnen, darunter eine ehrenvolle Erwähnung beim UNICEF Foto des Jahres 2021. (c) UNICEF

Die in Russland geborene Fotografin Natalya Saprunova erhält mit ihrer Reportage über die Kinder des indigenen Volkes der Ewenken den dritten Preis. Sie dokumentiert den Wandel der Kindheit in Jakutien/Sibirien.

Der UNCEF-Begleittext: „Die Reportage der in Russland geborenen und in Frankreich lebenden Fotografin Natalya Saprunova dokumentiert den Wandel der Kindheit in Jakutien. Einst waren die Ewenken mit ihren Rentierherden allein in der Tundra und den Wäldern im Nordosten Sibiriens. War Moskau ohne große Bedeutung für das indigene Volk. Dann kamen die Geologen und Prospektoren auf der Suche nach Gold, Diamanten und anderen reichlich vorhandenen Bodenschätzen. Und schließlich kamen die Holzfäller. Das Leben der Ewenken wandelt sich seither. Aus vielen Nomaden sind Sesshafte geworden, industrielle Anlagen beschneiden die Wege der Rentiere, Missionare treten gegen den alten Naturglauben an.“

Sieben weitere Reportagen mit ehrenvollen Erwähnungen

  • Michael Löwa, Deutschland, Reportage: Johannes‘ Schwester hat vier Beine (Deutschland)
  • Robin Hammond, Neuseeland/Großbritannien, Reportage: USA: Was geschieht bloß mit mir? (USA)
  • Tommy Trenchard, Großbritannien, Reportage: Ein Weltuntergang im Kleinen (Sierra Leone)
  • Justin Jin, China/Belgien, Reportage: Hochleistungskinder (China)
  • Supratim Bhattacharjee, Indien, Reportage: Das Schicksal der kleinen Wasserträger (Indien)
  • Atefeh Alsadat Safavi Vanani, Iran, Reportage: Die Kraft der Bücher (Iran)
  • Fabio Bucciarelli, Italien,Reportage: Der Feind im eigenen Körper (Ukraine)

Eine Ausstellung mit allen prämierten Arbeiten ist bis Ende Jänner 2024 im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin zu sehen. Anschließend sind sie ab dem 2. Februar 2024 für die allgemeine Öffentlichkeit im Willy-Brandt-Haus zugänglich.

Alle Bilder und weiteren Infos finden Interessierte unter www.unicef.de/foto.